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15. Mai 2003: Blockzeiten in der Stadt Zürich: |
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Auf das Schuljahr 2001/2002 wurden an der Unterstufe der Volksschule der Stadt Zürich die Blockzeiten eingeführt. An einer Medienkonferenz stellten Stadträtin Monika Weber und Peter Enz, Leiter Abteilung Schulbetrieb und Kindergarten, die Ergebnisse der Umfrage vor, die das Pädagogische Institut der Universität Zürich im Auftrag des Schul- und Sportdepartements durchgeführt hatte. Befragt wurden 932 ausgewählte Eltern, die Präsidentinnen und Präsidenten der Kreisschulpflegen, alle 660 Klassenlehrkräfte und Fachlehrpersonen an der Unterstufe sowie die Hortnerinnen und Hortner. Das Fazit fällt erfreulich aus: Erwartungsgemäss sind die Eltern von den neuen Unterrichtszeiten begeistert, und auch die Schulpräsidentinnen und -präsidenten begrüssen die Blockzeiten, obwohl Personalplanung und -rekrutierung aufwändiger geworden sind. Kritische, eher zurückhaltende Stimmen waren vor allem aus dem Kreis der Lehrerinnen und Lehrer zu vernehmen. Seit der Umfrage des Pädagogischen Instituts der Universität ist jedoch auch bei ihnen eine steigende Akzeptanz feststellbar. Dennoch machte Stadträtin Monika Weber unmissverständlich klar, dass sie sämtliche kritischen Stimmen sehr ernst nimmt, um gemeinsam mit allen Beteiligten nach Lösungen zu suchen. Der Stadtrat hat am 14. Mai beschlossen, wenn möglich am 7. September 2003 eine Volksabstimmung über die definitive Einführung der Blockzeiten durchzuführen. Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger werden also noch dieses Jahr an der Urne über die Blockzeiten entscheiden.
In der Stadt Zürich verbringen Kinder, welche die Unterstufe besuchen, jeden Morgen vier Stunden in der Schule. Vor der Einführung der Blockzeiten waren es nur deren drei. Die Zahl der Pflichtstunden hat sich entsprechend ebenfalls erhöht: In der ersten Klasse beträgt die wöchentliche Unterrichtszeit neu 22 statt 19 Stunden. Mit den Blockzeiten wurde ein Teil des bisherigen Halbklassenunterrichts durch 11 Lektionen des so genannten Teamteachings ersetzt. Bei diesem werden die Kinder durch zwei Lehrpersonen betreut. Die Besoldungskosten für das Teamteaching belaufen sich auf jährlich 3,65 Mio. Franken. Vor knapp einem Monat hat der Zürcher Gemeinderat der Weiterführung der Blockzeiten für die nächsten beiden Schuljahre zugestimmt; jetzt liegt ein erster Erfahrungsbericht des Pädagogischen Instituts der Universität Zürich vor. Befragt wurden 932 ausgewählte Eltern, die Präsidentinnen und Präsidenten der Kreisschulpflegen, alle 660 Klassenlehrkräfte und Fachlehrpersonen an der Unterstufe sowie die Hortnerinnen und Hortner.
Die Ergebnisse des Erfahrungsberichts lassen sich in folgende Teile gliedern: Eltern, Kinder, Schulbehörden, Lehrerschaft sowie Betreuung.
Eltern: Familienfreundliche Blockzeiten Stadträtin Monika Weber hat in der Vergangenheit immer wieder darauf hingewiesen, dass Elternhaus und Schule im Interesse der Kinder eine enge Partnerschaft pflegen müssen. Erfreulicherweise scheint der Slogan "Schule ist auch Elternsache" für die Zürcher Eltern zuzutreffen, stiess doch der Fragebogen bei ihnen auf grosses Interesse.
Rund 86% der Eltern haben mit den Blockzeiten gute Erfahrungen gemacht. Die neuen Unterrichtszeiten geniessen aus ihrer Perspektive nicht nur eine hohe Akzeptanz, sondern stellen für eine grosse Mehrheit vielmehr eine Selbstverständlichkeit dar, die sie nicht mehr missen möchten.
Grundsätzlich zeigt sich, dass die Blockzeiten wesentlich dazu beitragen, Familienarbeit und Erwerbstätigkeit unter einen Hut zu bringen, und die Schule damit familienfreundlicher geworden ist. Für mindestens zwei Drittel der Eltern wird das Ausüben einer Erwerbstätigkeit durch die Blockzeiten stark erleichtert. Die Umfrage zeigt deutlich, dass sich heute Haus- und Familienarbeit besser organisieren lassen. Je dringender Familien darauf angewiesen sind, dass die Mutter zur Sicherung des Familieneinkommens beiträgt, desto nötiger werden die Blockzeiten. Die neue Unterrichtsform erleichtert jedoch nicht nur die Berufstätigkeit der Mütter, sondern ermöglicht es auch, den Vormittag für persönliche Bedürfnisse (Arzt- oder Zahnarztbesuch, Einkäufe, Fitnesstraining usw.) zu nutzen.
Dennoch wünschen viele Eltern, dass das Betreuungsangebot über Mittag ausgebaut wird. Ihrer Meinung nach sollte die Mittagsbetreuung an jeder grösseren Schule auch an einzelnen Tagen für alle Schülerinnen und Schüler zur Verfügung stehen.
Neue Möglichkeiten für die Kinder Eine überwältigende Mehrheit der befragten Eltern erlebt ihre Kinder als fröhlich und zufrieden und sagt aus, dass die Kinder sehr gerne zur Schule gehen. Die neuen Unterrichtszeiten mit den vierstündigen durchgehenden Blöcken an den Vormittagen ermöglichen es den Familien, den Tages- und Wochenablauf klar in Unterrichts- und Freizeit aufzuteilen.
Da mit der neuen Unterrichtsstruktur alle Kinder der Unterstufe an den Vormittagen gleichzeitig in der Schule sind, entstehen für die Kinder auf dem Schulweg und in den Pausen zusätzliche Kontaktmöglichkeiten. Nach Meinung der Eltern können dank der einheitlichen Unterrichtszeit die sozialen Kontakte vertieft werden, was das Zusammengehörigkeitsgefühl in der Klasse stärkt. Auch die drei freien Nachmittage pro Woche tragen zu einem intensiveren Kontakt zwischen den Kindern bei und bieten den Familien die Möglichkeit die Freizeit gemeinsam zu verbringen. Entsprechend haben die meisten Eltern keine Mühe, die schulfreien Nachmittage ihrer Kinder zu organisieren.
Die Mehrheit der Kinder kommen nach Aussagen ihrer Eltern mit den neuen Zeitstrukturen gut zurecht, die 4-stündigen Morgenblöcke bereiten ihnen keine Mühe. Nach Ansicht der Eltern sind auch Kinder der 1. und 2. Klassen mittags nicht müde oder erschöpft. Auch Auffälligkeiten im Lernverhalten, die auf eine Überforderung der Kinder hinweisen würden, lassen sich aus der Umfrage nicht ableiten. Allgemein stufen die Eltern die Freude und das Interesse ihrer Kinder am Lernen hoch ein.
Schulbehörden: Ja zu den Blockzeiten Die Präsidentinnen und Präsidenten der Kreisschulpflegen ziehen ebenfalls ein positives Fazit. Von allen aktuellen schulischen Reformprojekten verursachen die Blockzeiten die wenigsten Probleme. Zum einen liegt das sicherlich daran, dass ein grosser Teil der Lehrkräfte und der Schulhauskollegien die Einführung professionell und konstruktiv mitgestaltete. Zum anderen haben die Kreisschulpflegen sehr flexibel reagiert und die Lösungen der Kollegien grosszügig unterstützt.
Für die Kreisschulpflegen sind seit der Einführung der Blockzeiten Personalplanung und Personalrekrutierung aufwändiger geworden. Da eine erfolgreiche Zusammenarbeit wesentlich mit gemeinsamen pädagogischen Grundhaltungen zusammenhängt, werden die Regellehrkräfte und die Schulhauskollegien in das Auswahlverfahren von Teamteaching-Lehrkräften miteinbezogen. Die durch die neuen Unterrichtszeiten erhöhte Anzahl der Teilzeitlehrkräfte stellt hohe Ansprüche auf struktureller wie auch auf administrativer Ebene. Die Kreisschulpflegen stellen auch fest, dass die Regellehrkräfte durch die Unterrichtsvorbereitungen und die vermehrten Absprachen mit Teamteaching- und Fachlehrkräften mehr belastet werden. Das Berufsbild der Unterstufenlehrkraft wandelt sich. Dank der engeren Zusammenarbeit und der verstärkten Reflexion wird die Qualität des Unterrichts gesteigert. Blockzeiten tragen also zu einer neuen, besseren Schulhauskultur bei.
Die Kreisschulpflegen schlagen vor, die Musikalische Elementarerziehung als obligatorisch und unentgeltlich zu erklären. Auch der Besuch der Biblischen Geschichte sollte obligatorisch und die Handarbeit ab 1. Klasse eingeführt werden. Diese Massnahmen würden die Organisation des Unterrichts wesentlich erleichtern.
Lehrerschaft: Auswirkungen der Blockzeiten auf den Unterricht Der hohe Rücklauf der Fragebogen spricht für das Engagement und das Interesse der betroffenen Lehrerschaft an der Untersuchung. Auch wenn eine Mehrheit der befragten Klassenlehrpersonen die Blockzeiten als notwendige Anpassung an veränderte gesellschaftliche Bedürfnisse betrachtet, haben es die neuen zeitlichen Strukturen nicht leicht, bei der Lehrerschaft auf Akzeptanz zu stossen. Ein grosser Teil der Antwortenden hätte einen Ausbau des ausser schulischen Betreuungsangebots und der Tagesschulen den Blockzeiten vorgezogen. Dennoch haben die Blockzeiten bei den Klassenlehrerinnen und -lehrer vom Zeitpunkt der Ankündigung bis zum Ende des ersten Erfahrungsjahres kontinuierlich mehr Zustimmung erhalten.
Aus Sicht der Lehrkräfte bleiben die längeren Unterrichtszeiten an den Vormittagen nicht folgenlos, stellen sie doch vor allem in den 1. Klassen eine Abnahme der Konzentrationsfähigkeit in der 4. Morgenstunde fest. Deshalb werden die Lektionen durch eine andere Rhythmisierung und durch mehr musischen Unterricht den Kindern angepasst.
Die im Rahmen des Blockzeitenmodells zur Verfügung stehenden 11 Zusatzlektionen werden unterschiedlich verwendet. Der grössere Teil der Lehrerschaft braucht die Stunden für die Klassenteilung mit einer Teamteaching- oder Fachlehrkraft. Wer Teamteaching ausübt, denkt positiv darüber, sieht darin eine Bereicherung der Zusammenarbeit, eine Möglichkeit, die berufliche Isolation zu durchbrechen, und schätzt die geteilte Verantwortung und die Nutzung gemeinsamer Ressourcen.
Der Unterricht in Musikalischer Elementarerziehung stellt im Rahmen der Blockzeiten dann eine organisatorische Herausforderung dar, wenn er von einem grossen Teil der Kinder einer Klasse nicht besucht wird. Deshalb sprechen sich beinahe alle Klassenlehrpersonen für ein Obligatorium aus und würden die Ausweitung auf die ganze Unterstufe (1. – 3. Klasse) begrüssen.
Betreuung: Blockzeiten und die Horte Telefonische Interviews mit den Präsidentinnen und Präsidenten der Hortkonferenzen in den einzelnen Schulkreisen haben gezeigt, dass sich die Betreuungszeiten verschoben haben. Die Nachfrage nach Morgen- und Abendhorte ist gestiegen.
Für die Hortnerinnen und Hortner ist es wichtig, dass die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten zwischen Elternhaus, Schule und Hort geklärt werden, damit die Betreuung der betroffenen Kinder sichergestellt und die Pflichten und Aufgaben der Betreuungspersonen klar definiert sind. Dazu gehören auch die Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen den Horten und den einzelnen Schulen.
Die Blockzeiten haben für die Horte eine Reihe von Nachfolgeproblemen hervorgerufen. So war anfangs unklar, wie etwa mit Schuleinstellungen und Ausfällen umgegangen werden sollte. Schulausfälle stellen einen zentralen Problembereich für die Horte dar, sowohl für diejenigen, die Hort fremde Kinder aufnehmen, wie auch für die anderen Horte, die diese Leistung nicht erbringen.
Aufgrund offener Entwicklungen werden grundsätzlich neue Arbeitsmodelle im Betreuungsbereich diskutiert, um flexible Lösungen für die Horte zu ermöglichen.
Wie weiter? Nach der gescheiterten kantonalen Volksabstimmung über die Volksschulreform vom 24. November 2002 (die in der Stadt Zürich notabene angenommen wurde), beschloss der Stadtrat auf Antrag von Stadträtin Monika Weber, Vorsteherin Schul- und Sportdepartement, die bereits erfolgreich laufenden Versuche mit den Blockzeiten und den geleiteten Schulen um zwei Jahre bis Ende Schuljahr 2004/2005 zu verlängern und nachher definitiv einzuführen. Während die Schulversuche weiter laufen, werden die Vorlagen ausgearbeitet, die den politischen Behörden und dem Volk unterbreitet werden. Am 14. Mai hat der Stadtrat entschieden, wenn möglich auf den 7. September 2003 eine Volksabstimmung über die definitive Einführung der Blockzeiten anzusetzen. Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger werden also noch dieses Jahr an der Urne über die Zukunft der Blockzeiten entscheiden.
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