Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen hat auch in der Stadt Zürich alarmierende Ausmasse angenommen. Ziel der Schulgesundheitsdienste der Stadt Zürich, die zum Schul- und Sportdepartement unter Stadtrat Gerold Lauber gehören, ist es, den steigenden Trend der Übergewichtsepidemie innerhalb der nächsten drei bis fünf Jahre zu stoppen. Die Schulgesundheitsdienste haben ein Gesamtkonzept mit zahlreichen Angeboten für alle Schulstufen entwickelt und eingeführt.
Die Schulgesundheitsdienste der Stadt Zürich verfolgen eine umfassende Strategie gegen das Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen. Hierzu wurde in den letzten Jahren ein Gesamtkonzept mit zahlreichen Angeboten für Schulen aller Stufen entwickelt und eingeführt. Mit der Verabschiedung der Vorlage zu den Ernährungsrichtlinien durch die Konferenz der Schulpräsidentinnen und Schulpräsidenten im September 2007 und dem Start der Projekte «Purzelbaum» (Bewegungsförderung im Kindergarten) und «Moving Lifestyle» (Bewegungsförderung auf der Mittelstufe) schreitet die Umsetzung einen wichtigen Schritt voran. Das Massnahmenpaket der Schulgesundheitsdienste umfasst alle Schulstufen ab Kindergarten. Es kombiniert Bewegung und Ernährung, verbindet die regelmässigen und bei der Kariesprävention sehr erfolgreichen Zahnpflegeinstruktionen mit neu erstellter, spielerischer Ernährungserziehung und setzt auf gesunde Pausenkioske («Pausenernährung plus!»). Niedrigschwellige Gruppenangebote für übergewichtige Kinder nutzen das bei diesen Kindern beliebte Element Wasser («Fit im Wasser») und motivieren sie zu mehr Bewegung verbunden mit attraktiven, gesunden «Zvieris» im Programm «BEP» (Bewegungs- und Ernährungsprogramm). Projekte wie «Open Sunday» eröffnen Kindern in der Winterzeit am Sonntagnachmittag professionell begleitete Bewegungsangebote in den Turnhallen der Projektschulen. Individuelle Ernährungsberatung durch Schulärztinnen und Schulärzte und eine Ernährungsberaterin, Weiterbildungsangebote für Lehrpersonen (Projekt «Ernährung macht Schule») sowie der Einbezug der Eltern sind weitere zentrale Elemente in der umfassenden Strategie der Schulgesundheitsdienste.
Die Schulgesundheitsdienste tragen mit der Bündelung ihrer Angebote wesentlich der Erkenntnis Rechnung, wonach das Angebot einer unkoordinierten Einzelmassnahme nur selten Wirkung zeigt. Erfolg versprechend sind auf dem schwierigen Gebiet der Übergewichtsprävention nur koordinierte Massnahmen, die Bewegung und Ernährung kombinieren, beim Verhalten der einzelnen Kinder, bei den Verhältnissen (z.B. Ernährungs- und Bewegungsangebote an Schulen) und auf verschiedenen Altersstufen ansetzen. Der Einbezug der Lehrkräfte, der Horte und insbesondere der Eltern gehört selbstverständlich dazu.
Projekte werden evaluiert
Der Eindämmung der Übergewichtsepidemie durch Prävention und andere Massnahmen kommt eine zentrale gesellschaftspolitische Bedeutung zu. Langfristig angelegte, umfassende schulische Präventionsprogramme gehören zu den wirksamsten Massnahmen auf dem schwierigen Gebiet der Übergewichtsprävention. Die Evaluation der Wirkung der verschiedenen Projekte ist schwierig, aber wichtig. Prävention zeigt erst langfristig Wirkung und es ist nicht immer möglich, die vielen Einflussfaktoren auseinander zu halten. Regelmässige Vorsorgeuntersuchungen durch den Schulärztlichen Dienst ermöglichen beispielsweise ein Gewichtsmonitoring. Die neuen Projekte der Schulgesundheitsdienste werden sorgfältig evaluiert. Ziel bei übergewichtigen Kindern ist nicht in erster Linie eine Gewichtsabnahme, sondern die Stabilisierung des Gewichts, die Vermittlung von Bewegungsfreude- und Motivation sowie die Etablierung gesunder, abwechslungsreicher und kindgerechter Ernährungsgewohnheiten. Keinesfalls wollen die Schulgesundheitsdienste in diesem Zusammenhang die Diätwelle anheizen oder übergewichtige Kinder stigmatisieren. Die zentrale Botschaft an die Kinder lautet bei allen Gelegenheiten, dass «es normal ist, wenn man verschieden ist!». Erklärtes Ziel der Schulgesundheitsdienste ist es, eine Trendwende bei der Übergewichtsepidemie einzuleiten. Dazu Dr. med. Daniel Frey, Direktor der Schulgesundheitsdienste: «Wenn es uns gelingt, innert drei bis fünf Jahren den steigenden Trend der Übergewichtsepidemie zu stoppen, ist schon viel erreicht.»
Gesundheitspolitische Herausforderung
Die Häufigkeit von Übergewicht und Adipositas (schwere Form von Übergewicht) hat sich in den USA und mit zeitlicher Verschiebung auch in Europa und der Schweiz in den letzten 10 Jahren verdoppelt, in den letzten 20 Jahren gar verdreifacht. Zürich ist davon nicht verschont, wie aktuelle Daten zeigen. Der Trend bei Kindern und Jugendlichen ist besonders alarmierend, da sie das Problem in hohem Masse ins Erwachsenenalter mitnehmen. In den allermeisten Fällen (99 Prozent) liegt die Ursache von Übergewicht darin, dass mehr Energie mit der Nahrung aufgenommen wird, als mit Bewegung und körperlicher Aktivität wieder verbraucht wird. Der Konsum kalorienreicher, energiedichter Nahrungsmittel hat in den letzten 20 Jahren besonders bei Kindern massiv zugenommen. Sie sind billig, rund um die Uhr verfügbar und besonders Kinder werden massiv beworben. Rund ein Drittel der Kinder bewegt sich eindeutig zu wenig. Bei Kindern lässt sich beispielsweise ein klarer Zusammenhang von häufigem, motorisch passivem und in vielen Fällen von «snacking» begleitetem TV- Konsum und Übergewicht nachweisen.
Vorbeugen ist besser als Heilen
Weil Übergewicht zu 50 bis 80 Prozent vom Kindes- ins Erwachsenenalter persistiert, weil Therapien aufwändig, teuer und wenig erfolgreich sind, weil die gesundheitlichen Folgen gravierend und die Kostenfolgen enorm sind und weil schliesslich nichts darauf hindeutet, dass die Epidemie von selbst aufhört, ist Prävention im Kindesalter von ausschlaggebender Bedeutung. Dabei kommt der Schule als prägendem Lebensraum der Kinder und Jugendlichen neben der Familie eine sehr wichtige Rolle zu.