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Der Stadtrat von Zürich

18. Januar 2006: Benennungen «Sigi-Feigel-Terrasse» und «Judith-Gessner-Platz»

Der Stadtrat hat heute dem Antrag der Strassenbenennungskommission zugestimmt und den zwischen Gessnerbrücke und dem Theater an der Sihl gelegenen Sitzstufenbereich sowie den dazu gehörenden Platz bei der Gessnerallee mit «Sigi-Feigel-Terrasse» benannt. Der Platz auf der gegenüberliegenden Strassenseite heisst «Judith-Gessner-Platz».

Sigi Feigel (1921–2004) wurde in Zürich geboren. Sein Vater war 1904 vor Judenverfolgungen aus der Ukraine in die Schweiz geflohen. Nach seiner Kindheit und dem Schulbesuch in Hergiswil (NW) und Luzern sowie einem Studium der Rechte an der Universität Zürich übernahm Feigel die Leitung der Konfektionsfirma seines Schwiegervaters. Erst mit 62 Jahren erwarb er nach erneutem Studium das Anwaltspatent (1983) und gründete eine Anwaltskanzlei. Feigel engagierte und exponierte sich in den Institutionen der jüdischen Glaubensgemeinschaft: Präsident der Israelitischen Cultusgemeinde Zürich (ICZ) (1972–1987), danach Ehrenpräsident, Mitglied der Geschäftsleitung des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes (SIG) (1984–1996).

Selbst ausgesprochen liberal und weltoffen eingestellt, warb er sowohl bei der Schweizer Bevölkerung für die Anliegen der jüdischen Minderheit wie auch bei den orthodoxen Juden für Offenheit nach dem Grundsatz «Leben und leben lassen».

Das Engagement von Sigi Feigel beschränkte sich aber nicht auf die Belange seiner eigenen Glaubensgemeinschaft. Nach den Jugendunruhen von 1980, die sich nicht nur an der Forderung nach einem Autonomen Jugendzentrum (AJZ), sondern auch an einem ausgetrockneten Wohnungsmarkt für Jugendliche entzündet hatten, grün-dete er als konstruktive Antwort mit Vertretenden der Zürcher Parteien den Verein für Jugendwohnhilfe, der seither Tausenden von Jugendlichen zu günstigem Wohnraum verholfen hat. Auf Sigi Feigels Initiative gehen aber auch die Gesellschaft Minderhei-ten in der Schweiz, die Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus sowie die Stif-tung Erziehung zur Toleranz zurück. Seine Appelle gegen Rassismus, Antisemitismus und für Toleranz haben die öffentliche Diskussion in Zürich während Jahren immer wieder geprägt. Feigels Anwaltspraxis befand sich ganz in der Nähe der zu benennenden Terrasse (Schweizergasse 6).

Mit der Benennung des Platzes auf der gegenüberliegenden Seite mit «Judith-Gessner-Platz» soll Judith Gessner-Heidegger (1736–1818) geehrt werden. Sie war die Ehefrau von Salomon Gessner, dem Maler, Dichter, Sihlherrn und Gründer des späteren Verlags Orell Füssli. Nach ihm sind Gessnerallee und Gessnerbrücke benannt. Judith Gessner war unbestritten die treibende Kraft hinter ihrem Mann und der Biograf Gessners, der Philologe Johann Jakob Hottinger, beschrieb sie als «ein jun-ges Frauenzimmer von seltenen Vorzügen der Schönheit und des Geistes mit einem treffenden Witz». Nicht immer müssen «Heldentaten» vollbracht worden sein, um mit einem Platz- oder Strassennamen geehrt zu werden. Hier geht es – stellvertretend für sehr viele Frauen der Geschichte und Gegenwart – um die Ehrung einer Frau, die ihrem Mann Kraft, Energie und Stabilität gab, ohne je selbst im Rampenlicht zu stehen. Es ist dem Stadtrat ein Anliegen, dass dieses besondere, kleine Plätzchen und die daneben liegende, prägnante Gessnerallee, unmittelbar miteinander verbunden sind – so wie es die Eheleute Gessner auch waren.
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