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4. Juni 2004: «Parterre Suisse» eröffnet: Zwischen Orientieren und Vergessen

Am 3. Juni 2004 eröffneten das Schul- und Sportdepartement der Stadt Zürich und die Schweizerische Alzheimervereinigung gemeinsam das «Parterre Suisse», ein riesiges, begehbares Luftbild in der Badeanlage Mythenquai in Zürich. Über 11’000 km2 der Schweiz laden ein, das eigene Orientierungsvermögen zu testen - und mehr über Störungen zu erfahren, die die Wege im Gehirn blockieren.

«Parterre Suisse» ist das Kernstück einer Informations- und Sensibilisierungsaktion, die in allen Badeanlagen der Stadt Zürich stattfindet. Das Luftbild am Mythenquai im Massstab 1:10’000 hat eine Ausdehnung von 97 km in der Breite und 120 km in der Länge. Die hohe kartographische Auflösung - jedes Haus zwischen Rorschach und Chur ist erkennbar - lädt zu einem Streifzug durch die Schweiz ein.

Wie der Verantwortliche für die städtischen Badeanlagen, Hermann Schumacher, an der Eröffnung betonte, bietet die Suche nach dem eigenen Zuhause oder dem liebsten Berggipfel eine doppelte Erlebnismöglichkeit: Nicht nur lassen sich diese Punkte trotz fehlender Ortsangaben auf der Karte finden. Den Badegästen wird durch das Suchen auch wieder bewusst, wie gut sich unser Gedächtnis auf ungewohnte Perspektiven einstellen kann.

Dieses Orientierungsvermögen ist - wie unsere Fähigkeit zu sprechen, zu urteilen und gezielt zu handeln - entscheidend für unsere Lebensqualität. Deshalb, so Schumacher, sind Störungen so einschneidend. Das erleben Menschen, die an Alzheimer erkranken, ebenso sehr wie ihre Angehörigen: «Mit dem ‹Parterre Suisse› sollen Gesunde erfahren, wie vieles selbstverständlich funktioniert, was unseren Alltag lebenswert macht. Und dass das nicht ganz selbstverständlich ist. Dazu leistet das Schul- und Sportdepartement der Stadt Zürich gerne einen Beitrag.»

Andreas Monsch, Professor für Psychologie und Leiter der Memory Clinic an der Akutgeriatrischen Universitätsklinik Basel, berichtete über die Anstrengungen der Wissenschaft, den Demenzerkrankungen auf die Spur zu kommen. «Bis heute», so Monsch, «gibt es keine Behandlung, die Alzheimer verhindern oder heilen könnte. Aber je früher eine Demenzerkrankung diagnostiziert wird, desto wirksamer können die Betroffenen behandelt werden.» Abgesehen von wirksamen Medikamenten, die den Krankheitsprozess nachhaltig verzögern helfen, erlaubt die Früherkennung «den Betroffenen und Angehörigen eine bessere Le-bensplanung, weil mehr Zeit zur Verfügung steht, sich auf die neue Situation einzustellen.»

Neuropsychologische Tests spielen bei der Früherkennung eine wichtige Rolle. Die möglichst sorgfältige - am besten interdisziplinäre - Untersuchung der Hirnleistungen erlaubt nicht nur eine Diagnose, sondern liefert auch eine wichtige Grundlage für die Beratung der Familien. Der mit Abstand wichtigste Risikofaktor für Alzheimer ist das Alter. Dies dürfe aber nicht zu falschen Schlüssen führen, führte Monsch aus: «Wenn einem ein Name entfällt oder man Mühe hat, sein Auto im Parkhaus wieder zu finden, ist dies normal. Weiss man hingegen plötzlich nicht mehr, wie die Waschmaschine funktioniert, kann das ein Anzeichen von Alzheimer sein. In diesem Fall empfiehlt sich eine Abklärung beim Arzt.»

Wie wichtig die Früherkennung ist, wurde im anschliessenden Gespräch deutlich: Birgitta Martensson, die Zentralsekretärin der Schweizerischen Alzheimervereinigung, unterhielt sich mit Konrad Schlatter. Bei dessen Frau diagnostizierten die Neurologen im März 1994 Alzheimer. Zu einem Zeitpunkt also, als Frau Schlatter noch Tennis spielte und selbständig zum Schwimmen an den Bodensee ging!

Konrad Schlatter hat jetzt zehn Jahre Erfahrung mit der Krankheit seiner Gattin. Zu seinen wichtigsten Erkenntnissen gehört, dass stabile und regelmässige Tagesstrukturen hilfreich sind, wozu im Fall von Trudy Schlatter auch zweimal in der Woche ein Besuch der Memory-Tagesklinik gehört. «Die rechtzeitige Information des Umfelds», so Konrad Schlatter, «ersparte Konsternation über unerwartete Reaktionen und öffnete in unserem Fall die Türen zu liebenswürdiger Nachbarschaftshilfe. Mit der gesundheitlichen Verschlechterung wird es nun aber wichtiger, dass die externe Betreuung immer klappt - und dass ich diese auch finanzieren kann. Sonst ist die Pflege zu Hause nicht mehr möglich.»

Neben Trudy Schlatter sind über 90’000 Menschen in der Schweiz an Alzheimer oder einer anderen Form von Demenz erkrankt, und neben Konrad Schlatter kümmern sich über 300’000 Angehörige um die Pflege ihrer Nächsten. Hinter diesen nackten Zahlen steht eine gesundheitspolitische Herausforderung, betonte Professor Hannes B. Stähelin, der Gründer der Basler Memory-Clinic, der ersten des kontinentalen Europa: «Weil drei von fünf Demenzpatienten zu Hause leben und von ihren Angehörigen gepflegt werden, muss man diesen menschlichen Ressourcen Sorge tragen. Früherkennung ist mit andern Worten auch für die Angehörigen sehr wichtig. Erst wenn die Krankheit erkannt wird, kann eine Entlastung aufgebaut werden!»

Entlastungsangebote allein, so Stähelin, genügen aber nicht. «Unsere Gesellschaft muss Alzheimer endlich als Krankheit akzeptieren. Dies verlangt ein anderes Verhalten, insbesondere gegenüber den Angehörigen. Wenn pflegende Angehörige durch ihr Engagement das Schweizer Gesundheitssystem vor der Überforderung bewahren, dann verdienen diese auch Wertschätzung und Respekt. Heute erleben aber immer noch viele Angehörige, wie sie schrittweise ausgegrenzt werden, allein gelassen mit ihrem Lebenspartner und ihrer Aufgabe. Da sind wir als Gesellschaft gefordert!»

«Parterre Suisse» in der Badeanlage Mythenquai ist während der ganzen Sommersaison geöffnet. Neben den Informationen, die in allen 19 Badeanlagen der Stadt Zürich zur Verfügung stehen, folgen im Lauf des Sommers weitere Aktionen und Aktivitäten, die sichtbar machen, weshalb Alzheimer ein Thema ist, das alle angeht.

Sportamt Interner Link: Sportamt
Schul- und Sportdepartement Interner Link: Schul- und Sportdepartement
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Mitteilungen des Stadtrates bis 9. Februar 2005 Interner Link: Mitteilungen des Stadtrates bis 9. Februar 2005
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