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5. Dezember 2002: Stadtzürcher Eltern-Podium. Brauchen wir Musik in der Schule? |
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Das Stadtzürcher Eltern-Podium, durchgeführt von der VEZ/Elternkonferenz der Stadt Zürich und dem Schul- und Sportdepartement, dient dem Dialog zwischen Elternhaus, Schule und Verwaltung. An den regelmässigen Treffen von Elternvertretungen aller Schulkreise mit Lehrkräften sowie einer Delegation des Schul- und Sportdepartements unter Leitung von Stadträtin Monika Weber wird jeweils ein Schwerpunkt-Thema diskutiert, werden Vorschläge und Erfahrungen ausgetauscht. War das letzte Eltern-Podium dem Thema "Kennen unsere Kinder wirklich keine Grenzen?" gewidmet, so stand dieses Mal die Frage im Zentrum, ob unsere Schule tatsächlich Musik benötigt.
Für den musikalischen Auftakt sorgten die Familien Tinner und Ursprung, die sich im Rahmen eines Wochenendes kennenlernten, zu dem auch die übrigen Familienmitglieder der Schülerinnen und Schüler der Jugendmusikschule der Stadt Zürich eingeladen wurden. Seither treffen sie sich regelmässig zum gemeinsamen Musizieren.
In seinem Referat wies Christoph Bruggisser, Leiter der Jugendmusikschule, auf bedenkliche Schwachstellen hin. So haben Studien in Deutschland und der Schweiz gezeigt, dass heute bis zu 80 % des im Lehrplan vorgeschriebenen Unterrichts im Fach „Musik“ ausfallen oder Fach fremd erteilt werden. Die Zukunftsperspektiven sehen keineswegs erfreulicher aus, droht doch das Fach „Musik“ an den neuen pädagogischen Hochschulen durch die Fülle der andern Bildungsinhalte völlig an den Rand gedrängt zu werden. Einige Hochschulen in der Schweiz haben die Musik in der Ausbildung für Primarlehrerinnen und Primarlehrer bereits fakultativ erklärt, mit dem Resultat, dass in wenigen Jahren Lehrkräfte ohne jegliche Musikausbildung in den Schuldienst eintreten werden! Das würde bedeuten, dass die rund 380 Musikschulen in der Schweiz mit ihren gut ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrern die Lücke schliessen müssten, der Musikunterricht in der Schule also nur noch von Fachlehrkräften erteilt würde.
Die Musikalische Elementarerziehung (MEZ) kann auf der Unterstufe vieles auffangen, weshalb eine Integration in die Volksschule sinnvoll ist (ein entsprechendes Postulat wird durch das Schul- und Sportdepartement noch dieses Jahr beantwortet, danach wird der Gemeinderat darüber befinden müssen). Obwohl heute 84 % aller Kinder der 1. Klasse in der Stadt Zürich den MEZ-Unterricht besuchen, ist es nach Christoph Bruggisser keine Lösung, den Unterricht nur Fachleuten oder nur Primarlehrkräften zu überlassen. Vielmehr müssen Volksschule und Musikschule näher zusammenrücken, denn der Musikunterricht ist für unsere Schulkinder zu wichtig, als dass er nur von der Volksschule oder nur von der Musikschule erteilt werden könnte.
An einer kürzlichen Tagung wies Willi Stadelmann, Direktor der Pädagogischen Hochschule Zentralschweiz darauf hin, dass sich 5- bis 10-jährige Kinder durch besonders hohe Elastizität des Gehirns und damit durch besonders ausgeprägte Lernfähigkeit auszeichnen. Deshalb müssen ihnen die so genannten „Wurzelerfahrungen“ Sprache, Musik, Gestaltung, Bewegung und soziales Verhalten vermittelt werden. Musikunterricht, insbesondere Instrumentalunterricht, fördert die Hirnentwicklung und schafft Potenziale für weitere Lernprozesse.
Gemäss der Langzeitstudie „Musikerziehung und ihre Wirkung“ verbessert der Musikunterricht die soziale Kompetenz, steigert Lern- und Leistungsmotivation sowie IQ-Wert, kompensiert Konzentrationsschwächen, verbessert die emotionale Befindlichkeit, reduziert das Angsterleben und bewirkt überdurchschnittlich gute schulische Leistungen. Erfreulicherweise haben auch Politikerinnen und Politiker den Wert der Musikerziehung längst erkannt. Von Otto Schily, Innenminister der Bundesrepublik Deutschland, stammt folgendes Zitat: „Die Musikerziehung gehört in den Mittelpunkt der Pädagogik und nicht an den Rand“. Von ihm stammt auch der Rat an alle Eltern: „Schicken Sie Ihre Kinder in die Musikschule, fördern Sie die Lust Ihrer Kinder am Instrument und Singen, stärken Sie das Interesse der Kinder und Jugendlichen an kreativ künstlerischer Tätigkeit überhaupt.“
In der anschliessenden Diskussion waren sich die Mitglieder des Eltern-Podiums über die Bedeutung der Musikerziehung einig. Besonders hervorgehoben wurden die grössere Ausgeglichenheit musizierender Kinder, ihre bessere Aufnahme- und Konzentrationsfähigkeit. Die Integration der MEZ wird von dieser Seite auch deshalb gefordert, weil einerseits Musik eine wichtige Rolle bei der Integration fremdsprachiger Kinder bildet, anderseits nur so alle Kinder die gleichen Chancen haben. Auch für die Eltern und Lehrkräfte ist es klar, dass Schule und Jugendmusikschule mit ihren Angeboten einander ergänzen müssen. Deshalb begrüssen sie es auch, wenn die Jugendmusikschule die Schule bei der Durchführung musikalischer Projekte tatkräftig unterstützt. Pädagogische Hochschulen ohne Musik und Sport sind aus der Sicht unserer Kultur für Stadträtin Monika Weber bedauerlich. So setzte sie mit ihrem Wunsch nach einer singenden Schule den Schlusspunkt unter diese Veranstaltung.
Eltern, die sich im Schulhaus oder Schulkreis stärker engagieren möchten, können sich von den Vertreterinnen der VEZ/Elternkonferenz der Stadt Zürich ( www.vez.ch ) beraten lassen:
Felicia Bulato, Kirchbühlweg 5, 8055 Zürich, Telefon 01 463 92 18 Monika Pfister, Kapfsteig 49, 8032 Zürich, Telefon 01 382 27 47
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